Mit den eigenen Immunzellen den Krebs attackieren

«Nicht selten können wir die Tumorerkrankung heilen.»
Prof. Dr. med. Dr. phil. Sacha Zeerleder, Chefarzt Hämatologie
Aggressive Formen von Lymphdrüsen- und Knochenmarkkrebs (Lymphom, Multiples Myelom) können am LUKS Luzern neu mit einer Therapie behandelt werden, die auf die einzelnen Patientinnen und Patienten zugeschnitten ist: die CAR-T Zelltherapie. Dafür werden T-Zellen, spezifische weisse Blutkörperchen, aus dem Blut von Patientinnen und Patienten entnommen und gentechnisch so modifiziert, dass sie, nachdem sie wieder zurück transfundiert wurden, die Krebszellen erkennen und attackieren. «Wir können die Erkrankungen
mit dieser Behandlung in vielen Fällen gut kontrollieren, nicht selten können wir sie sogar heilen», sagt Prof. Dr. med. Dr. phil. Sacha Zeerleder, Chefarzt Hämatologie. Allerdings darf das Verfahren bislang erst eingesetzt werden, wenn vorausgegangene Behandlungen gescheitert sind. Oft kommen bei den vorherigen Therapien hochdosierte Chemotherapien zum Einsatz, bei denen neben den Krebszellen auch viel gesundes Gewebe zerstört wird.
«Alle Nebenwirkungen sind reversibel»
Die CAR-T-Zelltherapie ist dagegen «eher mild», so Sacha Zeerleder, weshalb sie bei Betroffenen jeden Alters eingesetzt werden kann. Als Vorbehandlung ist eine milde Chemotherapie nötig, um noch zirkulierende T-Zellen zu entfernen. Nach einer Pause von zwei Tagen werden die gentechnisch modifizierten Immunzellen, die sogenannten CAR-T Zellen, verabreicht. Wenn diese CAR-T-Zellen eine Tumorzelle erkennen, werden sie aktiviert und zerstören die Tumorzelle. Dieser Prozess kann von einer Entzündungsreaktion begleitet werden, die mit Fieber einhergeht. In schlimmeren Fällen können Herzkreislaufstörungen und neurologische Probleme auftreten. Diese Nebenwirkungen können in den meisten Fällen gut kontrolliert werden. «Alle Nebenwirkungen sind reversibel, erfordern aber in der akuten Situation eine gut eingespielte Zusammenarbeit der verschiedenen medizinischen Disziplinen, wie zum Beispiel dem Zentrum für Intensivmedizin oder der Abteilung für Neurologie. Zudem ist in den ersten Monaten nach einer CAR-T-Zelltherapie eine intensive Nachbetreuung notwendig», sagt Sacha Zeerleder, der über langjährige Expertise auf dem Gebiet der zellulären Therapien verfügt. Durch das temporär ausgeschaltete Immunsystem sind die Patientinnen und Patienten sehr anfällig für Infektionen. Um das Immunsystem wieder fitter zu machen, müssen häufig Immuneiweisse verabreicht und Impfungen aufgefrischt werden. Zudem werden die Patientinnen und Patienten regelmässig kontrolliert, um ein Wiederkehren der Tumorerkrankung frühzeitig zu erkennen.
Der Bedarf für immunologische Therapien wächst
Noch können nur wenige ausgewählte Patientinnen und Patienten von der CAR-T-Zelltherapie profitieren. Sobald sich die regulatorischen Vorgaben ändern und die Behandlung auch in früheren Krankheitsstadien eingesetzt werden kann, wird der Bedarf ansteigen, ist Prof. Zeerleder überzeugt. Generell gehe der Trend weg von einer Hochdosis-Chemotherapie zu immunologischen Therapien: «Auf dem Feld wird intensiv geforscht», so Sacha Zeerleder. Es sei absehbar, dass künftig auch andere Tumorerkrankungen, darunter
auch solide Tumore, damit behandelt werden könnten. Die Prozesse für die CAR-T-Zelltherapie wurden von den Abteilungen Hämatologie und medizinische Onkologie mit einem motivierten interdisziplinären Team von Grund auf neu aufgebaut. Neben der CAR-T-Zelltherapie bietet das LUKS nun auch autologe Stammzelltransplantationen nach einer Hochdosis-Chemotherapie an. Grösster Vorteil aus Sicht der Patientinnen und Patienten in der Zentralschweiz ist, dass ihnen diese innovative Therapie wohnortsnah zur Verfügung steht. Noch ist für die CAR-T-Zelltherapie ein stationärer Aufenthalt von mindestens 14 Tagen nötig. Das dürfte sich aber ändern, so Prof. Zeerleder: «Unser Ziel ist, die Therapie ambulant anbieten zu können.»