Studie zu Brustkrebsdiagnose: Die Mammographie führt in Kantonen mit Screening-Programmen zu tieferen Tumorstadien
In der Schweiz erkranken pro Jahr circa 6’500 Frauen an Brustkrebs. Mehr als jede achte Frau ist hierzulande von der Erkrankung betroffen. Mammographie-Untersuchungen sind zentral für die Früherkennung von Brustkrebs. Sie werden in der Mehrheit der Schweizer Kantone im Rahmen von standardisierten Mammographie-Screening-Programmen angeboten. Screening-Programme ermöglichen eine standardisierte Untersuchung mit hoher Qualität und einen niederschwelligen Zugang für interessierte Frauen. In Kantonen mit einem Vorsorgeprogramm erhalten gesunde Frauen zwischen 50 und 69 Jahren, regelmässig eine briefliche Einladung zur Mammographie.
Studie belegt Unterschiede in Tumorgrösse und Lymphknotenbefall zwischen Kantonen
Die interdisziplinäre Forschungsgruppe unter der Leitung der Professoren Andreas Gutzeit, Klinik St. Anna, und Joachim Diebold, LUKS, analysierte 21’518 Fälle von Brustkrebs, die zwischen 2014 und 2020 diagnostiziert wurden. Der Grossteil der Fälle (19’218) stammt aus Kantonen mit Screening-Programmen. 2’282 Fälle wurden in den Zentralschweizer Kantonen (Luzern, Nidwalden, Obwalden, Uri) ohne Screening-Programm diagnostiziert und operiert. In den Kantonen ohne Screening-Programm wurden grössere Tumore häufiger diagnostiziert als in Kantonen mit mammographischem Früherkennungsprogramm. Zudem wurde Tumorbefall der Achsellymphknoten in Kantonen mit Screening-Programm signifikant seltener festgestellt.
Prof. Dr. med. Andreas Gutzeit, Radiologe und Erstautor der Studie, ordnet ein: «Wir konnten in dieser Analyse moderate Unterschiede finden, welche die Vorteile des Mammographie-Screenings mit sehr hoher statistischer Sicherheit zeigen. Weil die kantonalen Gesundheitssysteme bis auf die Ausnahme des Screenings gut vergleichbar sind, ist die Analyse international einzigartig und analytisch sehr sicher. Es gilt zu bedenken, dass die Rate an Mammographien auch ohne Screening-Programm in vielen Regionen hoch ist. Der moderate Unterschied ist deshalb ein erstaunliches und sehr wichtiges Ergebnis für die Screening-Programme.»
Prof. Dr. med. Joachim Diebold ist Chefarzt der Pathologie des Luzerner Kantonsspitals und leitet das Zentralschweizer Krebsregister: «Die Studie beruht auf der Auswertung der Daten der Schweizer Krebsregister. Sie zeigt, dass diese Register hoch relevante Informationen für Wissenschaft und Politik liefern.» Brustkrebsspezialistin Dr. med. Susanne Bucher, Co-Chefärztin der Frauenklinik und Leiterin des Brustzentrums des LUKS sieht die eigenen Beobachtungen bestätigt: «Im Rahmen des Austausches der zertifizierten Brustzentren konnten wir vor allem die Unterschiede im Lymphknotenbefall zwischen den Regionen immer wieder beobachten. Diese wissenschaftlich fundierte Analyse zeigt die Wirksamkeit der Mammographie-Programme.»
Früherkennung verbessert Behandlungsoptionen und Lebensqualität
Eine frühe Diagnose ermöglicht in sehr vielen Fällen eine brusterhaltende Operation und eine eingeschränkte Wegnahme der axillären Lymphknoten. Diese Behandlung wird einerseits von den Frauen sehr begrüsst und bringt andererseits auch klinische Vorteile mit sich. Prof. Dr. med. Peter Dubsky, Chirurg und Leiter des Brustzentrums der Hirslanden Klinik St. Anna führt aus: «Die multimodale Brustkrebstherapie ermöglicht in vielen Fällen eine Heilung, auch bei höheren Tumorstadien. Es gilt aber zu beachten, dass die Anzahl der notwendigen Chemotherapien, die Dauer der anti-hormonellen Therapien, die Notwendigkeit der Brustrekonstruktionen, mit den Tumorstadien steigt. Dies verringert die Lebensqualität der betroffenen Frauen und verursacht deutlich mehr Kosten.»